Unternehmenswert
Letzte Änderung am 03.02.2016
Anlässe zur Unternehmungsbewertung
Bestimmt stellt sich jeder Unternehmer öfters die Frage, wieviel sein Betrieb, sein Lebenswerk, in Franken ausgedrückt wert ist. Die Gründe, eine Unternehmung durch Fachleute bewerten zu lassen, sind vielseitig:
- Der Verkauf der Unternehmung aus Altersgründen - die Bewertung als Verkaufsgrundlage und Kaufpreisbestimmung.
- Die Bewertung der Unternehmung bei der familieninternen Nachfolge - die finanzielle Gleichstellung der Erbberechtigten muss gesichert und Grundlagen für Kauf- und Erbverträge erarbeitet werden.
- Die Unternehmungsbewertung bestimmt den Abfindungsanteil eines ausscheidenden Gesellschafters.
- Bei einem Unternehmungszusammenschluss klare Beteiligungsverhältnisse schaffen.
Grundsätze der Unternehmungsbewertung
Die Unternehmung besteht aus Vermögensteilen (Aktiven), wie zum Beispiel Warenvorräte und Immobilien aber auch Verpflichtungen und Schulden (Passiven), wie Kreditoren und Hypotheken. Der betriebswirtschaftlich 'reale' Netto-Wert dieser Aktiven und Passiven bestimmt den Substanzwert.
Die Unternehmung erwirtschaftet mit dieser Substanz einen Gewinn. Mit dem bereinigten Gewinn lässt sich berechnen, wie das investierte Kapital in der Unternehmung verzinst wird. Zur Bestimmung des Ertragswertes wird der mutmasslich zukünftige Jahresgewinn kapitalisiert.
Der Kapitalisierungszinssatz bewegt sich üblicherweise zwischen 6 - 10 Prozent. Grundlage für die Ermittlung des Kapitalisierungszinssatzes ist die Rendite von alternativen, sicheren Kapitalanlagen mit einem Zuschlag für unternehmungsspezifische Risiken und für methodische Faktoren.
Der eigentliche Unternehmungswert drückt schlussendlich das Zusammenspiel zwischen "arbeitendem Vermögen" und "resultierendem Ertrag" aus. In der Schweiz wird der Unternehmungs- wert bei kleineren und mittleren Unternehmungen üblicherweise mit der Praktikermethode bestimmt: der Substanzwert wird einfach, der Ertragswert doppelt gewichtet.
Alternative Methoden der Unternehmungsbewertung
Alternative Unternehmungsbewertungsmethoden stellen stärker auf Gewinn oder Cash Flow ab. Diese Tendenz ist vor allem auf vermehrte Unternehmungskäufe und -verkäufe durch reine Investoren zurückzuführen. Die erzielbare Rendite wird hier zur alleinigen Wertbestimmungsgrundlage der Unternehmung.
Die alleinige Berücksichtigung des Ertragswertes ist jedoch gerade bei Klein- und Mittelunternehmungen eine Fehlbewertung, da zukünftige Erträge vor allem vom Unternehmungseigner abhängig sind. Zudem kann der Minimalwert einer Unternehmung rein finanzwirtschaftlich nicht unter den Liquidationswert der Substanz sinken.
Goodwill
"Goodwill" entsteht einerseits durch die Qualität der Geschäftsleitung, der Kundenbeziehungen sowie aus dem Ruf und Ansehen der Unternehmung, andererseits aus sachlichen Faktoren wie Standort, Patenten oder Know-how. Solche Vorteile sind schwierig in Franken auszudrücken, sie beeinflussen aber den Gewinn, den Ertragswert und somit den Goodwill.
Rein rechnerisch ist der "Goodwill" die positive Differenz zwischen Substanzwert und ermitteltem Unternehmungswert. Ein Käufer wird aber einen "Goodwill" nur bezahlen, wenn mit der vorhandenen Substanz ein überdurchschnittlicher Ertrag erzielt werden kann.
Nicht betriebsnotwendiges Vermögen
Vermögen, das nicht unbedingt betriebsnotwendig ist - Überliquidität, nicht betriebsnotwendige Landreserven, Liegenschaften usw. - muss bei einer Unternehmungsbewertung rechnerisch ausgeschieden und separat bewertet werden. Grosse Abweichungen in den Ergebnissen verschiedener Unternehmungsbewertungsgutachten sind häufig auf die unterschiedlich beurteilte Nutzung des Vermögens zurückzuführen. Wird der Unternehmungswert dem Ertragswert gleichgesetzt, so "verschenkt" der Verkäufer bei ungenügender Abgrenzung des nichtbetrieblichen Vermögens einen Teil seiner Aktiven.
Unternehmungsbewertung und Steuern
Die Steuern zu vernachlässigen, kann für den ahnungslosen Käufer und Verkäufer verhängnisvoll sein. Sie müssen daher bereits in der Bewertung genügend beachtet werden:
Versteckte (latente) Steuern in der Unternehmung
- Unversteuerte Reserven (z.B. stille Reserven) werden in einer Kapitalgesellschaft (AG, GmbH) vom Käufer übernommen. Die Bilanz wird zu Buchwerten weitergeführt. Damit übernimmt der Käufer eine latente Steuerlast, die bei einer (Teil-) Liquidation zum Tragen kommt. Um diesen Umstand zu berücksichtigen, wird bei der Substanzwertberechnung eine Rückstellung für die latenten Steuern gebildet. Da diese Steuern erst zu einem ungewissen späteren Zeitpunkt anfallen, werden sie üblicherweise nur zum halben maximalen Steuersatz erfasst, dies mit dem Ergebnis, dass die Steuern je zur Hälfte dem Käufer und dem Verkäufer belastet werden.
Unversteuerte Reserven werden in der Regel bei Personenunternehmungen (Einzelfirmen und Personengesellschaften) bei einer entgeltlichen Veräusserung realisiert, wenn die Vermögenswerte zu Verkehrswerten übernommen werden. Der Verkäufer schuldet auf seinem Liquidationsgewinn die Einkommenssteuern und Sozialabgaben. Für den Käufer entsteht somit keine latente Steuerlast.
Der Liquidationsgewinn ist die Differenz zwischen Buchwert und Verkaufserlös der Unternehmung.
Eine Ausnahme bildet der familieninterne Verkauf einer Personenunternehmung. Werden die stillen Reserven durch eine grundsätzlich abzugsfähige Leibrente abgegolten, sind sie steuerlich bevorteilt. Bei einem Erbvorbezug oder einer Schenkung hingegen werden die Steuern lediglich aufgeschoben.
- Oft werden oder müssen nicht betriebsnotwendige Vermögenswerte zu Verkehrswerten ins Privatvermögen überführt werden. Ein eventueller Gewinn wird grundsätzlich einem Liquidationsgewinn gleichgesetzt und unterliegt bei einer Personenunternehmung der Einkommenssteuer und den Sozialabgaben, bei einer Kapitalunternehmung den Gewinnsteuern.
Die Rolle der Unternehmungsbewertung bei Verkaufsverhandlungen
Eine objektive Unternehmungsbewertung macht Entscheide transparent; für den Verkäufer wie für den Käufer. Alle grundlegenden Informationen sind ersichtlich, Hintergründe werden verständlich und die Verkaufsverhandlung kann auf einer sachlichen Ebene geführt werden. Dem Verkäufer fällt die Argumentation durch sein detailliertes Wissen leichter und er wirkt überzeugender. Eine ausführliche Unternehmungsbewertung muss mehr sein als eine reine Kaufpreisbestimmung, denn der Verkaufs- preis bleibt schlussendlich immer noch Verhandlungssache.