Das neue Mehrwertsteuergesetz (nMWSTG)
Letzte Änderung am 03.02.2016
Auf den 1. Januar 2010 tritt das neue Mehrwertsteuergesetz (nMWSTG) in Kraft.
Die wichtigsten Ziele der Totalrevision des Bundesgesetzes über die MWST waren die Vereinfachung und benutzerfreundlichere Gestaltung der gesetzlichen Bestimmungen. Aus diesem Grund enthält das neue Gesetz über 50 inhaltliche Änderungen. Die Erhöhung der Mehrwertsteuersätze wird auf den 1. Januar 2011 umgesetzt.
Nachfolgend einige ausgewählte Neuerungen im neuen Gesetz. Eine Auflistung über sämtliche Änderungen kann auf der Website der Eidg. Steuerverwaltung unter http://www.estv.admin.ch eingesehen werden.
1. Steuerpflicht
Bisher begann die Steuerpflicht mit einem Jahresumsatz von CHF 75'000, kombiniert mit einer relativ komplizierten Berechnung, bei einem Jahresumsatz von bis CHF 250'000. |
Neu wird die Umsatzgrenze für eine zwingende Unterstellung bei CHF 100'000 liegen. Eine Zusatzberechnung mit der Steuerzahllast gibt es nicht mehr. |
Bisher waren für die freiwillige Unterstellung der Steuerpflicht relativ strikte Bedingungen zu erfüllen. |
Neu steht grundsätzlich nicht mehr die Erziehlung von Umsätzen im Vordergrund, sondern das Betreiben eines Unternehmens. Somit können neu Startups, wie auch Unternehmensprojekte Anspruch auf Vorsteuerabzug erheben. Steuerpflchtige Unternehmen, die Ende 2009 die CHF 100'000 Umsatz nicht erreichen, können sich von der Steuerpflicht befreien. Dies muss bis am 31. Januar 2010 schriftlich an die Eidg. Steuerverwaltung gemeldet werden. |
2. Ort der Besteuerung
Bei der grenzüberschreitenden Tätigkeit ist der Ort einer erbrachten Leistung von grosser Bedeutung, da dieser entscheidet, welches Land die Mehrwertsteuer erhebt. |
Bisher galt der Ort der Dienstleistung am Sitz der erbringenden Gesellschaft. |
Neu gilt als Grundregel, dass der Ort einer Dienstleistung am Sitz der empfangenden Gesellschaft liegt (Empfängerortsprinzip). |
3. Baugewerblicher Eigenverbrauch
Bisher wurden die Arbeiten an Bauwerken, welche auf eigene Rechnung erstellt wurden (für den späteren Verkauf oder Vermietung), mit der Eigenverbrauchssteuer belastet. |
Neu wird dieser baugewerbliche Eigenverbrauch abgeschafft. Das Recht auf Vorsteuerabzug ist bei solchen Leistungen nicht gegeben, es sei denn, es werde im Hinblick auf einen späteren Verkauf oder eine Vermietung optiert. |
4. Freiwillige Versteuerung von Umsätzen
Die freiwillige Unterstellung der von der MWST ausgenommenen Tätigkeit wird grundlegend neu gestaltet. |
Bisher musste ein schriftliches Gesuch gestellt werden und die Option musste für mindestens fünf Jahre beibehalten werden. |
Neu gelten folgende Regelungen: |
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Eine Bewilligung der Eidg. Steuerverwaltung ist nicht mehr nötig. Sobald die Mehrwertsteuer auf dem Umsatzbeleg ausgewiesen wird, wird automatisch davon ausgegangen, dass für die ausgenommene Tätigkeit optiert wird.
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Bei jeder einzelnen Leistung bei einer von der MWST ausgenommenen Tätigkeit kann entschieden werden, ob diese freiwillig versteuert werden soll oder nicht. Das heisst, eine Option gilt nicht mehr zwingend für alle Umsätze einer bestimmten Tätigkeit (Kategorie).
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Eine Option ist sowohl gegenüber Steuerpflichtigen als auch nicht Steuerpflichtigen möglich.
5. Margenbesteuerung
Bisher bestand beim Wiederverkauf von gebrauchten individualisierbaren, beweglichen Gegenständen die Möglichkeit, die Differenz des Verkaufspreises zum Ankaufspreis mit der MWST abzurechnen. |
Neu darf beim Ankauf solcher nicht mit der MWST belasteten Gegenstände ein fiktiver Vorsteuerabzug getätigt werden. Bei einem allfälligen späteren Wiederverkauf, muss die MWST auf dem Umsatz ganz normal ausgewiesen werden. |
6. Vorsteuerkürzungen
Bisher musste beim Erhalt von Geldmitteln ohne Gegenleistung (z.B. Spenden, Sanierungsbeiträgen etc.) die Vorsteuer nach einer von der Eidg. Steuerverwaltung zulässigen Methode gekürzt werden. |
Neu führen solche Beiträge zu keiner Vorsteuerkürzung mehr. Zu beachten ist, dass Subventionen nicht unter diese Neuerung fallen und deshalb in diesem Bereich das bisherige Vorgehen weiterhin Gültigkeit hat. |
7. Abrechnungsart
Grundsätzlich erfolgt die Abrechnung nach der sogenannten "vereinbarten" Methode. Das heisst, das Datum der Rechnungsstellung ist massgebend. |
Bisher konnte die Abrechnungsart auf Antrag auf "vereinnahmt" geändert werden, sofern die steuerpflichtige Person darlegen konnte, dass diese Methode aufgrund des Rechnungswesens einfacher ist. |
Neu können alle steuerpflchtigen Personen die Abrechnung nach der vereinnahmten Methode beantragen. |
8. Saldosteuersätze
Bisher war die Anwendung der Saldosteuersatzmethode steuerpflichtigen Personen mit einem Jahresumsatz von bis zu CHF 3 Millionen und ener Steuerzahllast von maximal CHF 60'000 vorenthalten. |
Neu werden diese Limiten deutlich ausgeweitet. Die neuen Grössenkriterien werden auf einen Umsatz von CHF 5 Milliionen und eine maximale Steuerzahllast von CHF 100'000 festgelegt. Entscheidet sich eine steuerpflichtige Person für die Anwendung von Saldosteuersätzen muss diese Methode für mindestens 1 Jahr (bisher 5 Jahre) beibehalten werden. Wird nach der effektiven Methode abgerechnet, muss diese mindestens 3 Jahre (bisher 5 Jahre) angewendet werden. |
Diese gelockerten Anforderungen machen die Saldosteuermethode für viele kleine und mittlere Unternehmen interessant, da gerade bei geplanten Investitionen zur effektiven Abrechnungsmethode gewechselt werden kann und somit keine Vorsteuerverluste entstehen. |
Durch die Einführung des neuen Mehrwertsteuergesetzes erhalten alle steuerpflichtigen Personen die Möglichkeit ihre Abrechnungsmethode auf den 1. Januar 2010 zu wechseln. In diesem Fall ist bis Ende März 2010 ein schriftliches Gesuch an die Eidg. Steuerverwaltung einzureichen. Wer die gegenwärtige Abrechnungsmethode beibehalten will, braucht keine weiteren Schritte zu unternehmen. |
9. Vorsteuer
Bisher waren die Voraussetzungen für die Vornahme des Vorsteuerabzuges sehr formalistisch ausgelegt worden. Eine mehrwertsteuerkonforme Rechnung war unerlässlich. |
Neu verfolgt der Gesetzgeber den Grundsatz, dass alle im Rahmen einer unternehmerischen Tätigkeit anfallenden Vorsteuern grundsätzlich abziehbar sind. Das Vorliegen eines Beleges ist nicht mehr Voraussetzung für den Vorsteuerabzug. Die steuerpflichtige Person hat lediglich nachzuweisen, dass sie die Vorsteuer bezahlt hat. Dies hat insbesondere auch Auswirkungen bei der Ausfuhr von Gegenständen. War der Vorsteuerabzug bisher nur mit den zollamtlichen Ausfuhrpapieren möglich, sind neu auch andere Nachweismöglichkeiten zulässig. |
Folgende Anpassungen treten ebenfalls in Kraft: |
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Der Vorsteuerausschluss im Umfang von 50 % bei Ausgaben für Verpflegung und Getränke wird ersatzlos gestrichen.
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Ausgaben für Geschenke sind neu bis CHF 500 pro Empfänger und Jahr ohne Vorsteuerkorrektur möglich (bisher CHF 300 pro Empfänger und Jahr).
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Werbegeschenke berechtigen zum vollen Vorsteuerabzug. Die bestehende Obergrenze von CHF 5'000 pro Empfänger und Jahr wird gestrichen.
10. Gruppenbesteuerung
Bisher mussten alle unter einheitlicher Leitung stehenden Gesellschaften einer Subgruppe in die Gruppenbesteuerung mit eingeschlossen werden. Alle Gruppengesellschaften hafteten solidarisch für die während ihrer Mitgliedschaft entstandenen Steuerschulden der gesamten Gruppe. |
Neu müssen nicht mehr alle unter einheitlicher Leitung stehenden Gesellschaften in die Gruppenbesteuerung mit einbezogen werden. Das Ende der Gruppenbesteuerung ist jeweils auf das Ende der Steuerperiode möglich (bisher 5 Jahre). Tritt eine Gesellschaft aus der Gruppenbesteuerung aus, so haftet sie nur noch für die Steuerforderungen, die sich aus ihrer eigenen unternehmerischen Tätigkeit ergeben haben. |
11. Holdinggesellschaften
Bisher führten bedeutende Einnahmen (Dividenden, Gewinne aus Beteiligungsverkäufen etc.) von steuerpflichtigen Holdinggesellschaften zu erheblichen Vorsteuerkürzungen. |
Neu werden Dividenden und Erlöse aus dem Verkauf von Beteiligungen von mindestens 10 % am Kapital zu keiner Vorsteuerkürzung mehr führen. |
12. Weitere Neuerungen
Das neue Mehrwertsteuergesetz bringt die folgenden weiteren Neuerungen mit sich:
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Die MWST wird neu in einer einjährigen Steuerperiode erfasst. Die Steuerperiode entspricht grundsätzlich dem Kalenderjahr, kann aber auf Antrag auf das Geschäftsjahr angeglichen werden. Die quartalsweise eingereichten Abrechnungen sind neu nur noch provisorisch.
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Stellt eine steuerpflichtige Person in der zurückliegenden Steuerperiode Mängel fest, so muss sie diese spätestens 6 Monate nach Ende des betreffenden Geschäftsjahres korrigieren. Wird diese Frist eingehalten, ergeben sich keine Verzugszinsen und rechtlichen Konsequenzen. Die steuerpflichtige Person ist daher auch von sich aus interessiert, die für die Steuerperiode eingereichten MWST-Abrechnungen zu überprüfen und mit ihrer Jahresrechnung abzustimmen. Der Umsatzabstimmung kommt daher eine noch grössere Bedeutung zu.
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Steuerpflichtige Personen haben neu von Gesetzes wegen Anspruch auf eine amtliche Kontrolle. Die Kontrolle ist innert 2 Jahren seit dem Antrag durchzuführen.
Die Steuerverwaltung hat neue MWST-Abrechnungsformulare. Aufgrund dessen besteht Handlungsbedarf im Bereich der EDV (Anpassung der Buchhaltungssoftware). |