Krankentaggeld

Letzte Änderung am 03.02.2016

Abschluss einer Krankentaggeldversicherung

Bei einer Arbeitsunfähigkeit stehen sich verschiedene Interessen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer gegenüber. Die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht (Tabelle) schreibt dem Arbeitgeber vor, den vollen Lohn für eine bestimmte Zeit zu entrichten. Für den Arbeitnehmer bedeutet die weitergehende Lohnzahlung die finanzielle Absicherung seines Lebensunterhaltes, da er dazu durch seine Person dauernd oder für eine befristete Zeit nicht mehr fähig ist.

Lohnfortzahlung in Wochen:

 
Dienstjahre Berner Skala Zürcher Skala Basler Skala
1 3 3 3
2 4 8 9
3 9 9 9
4 9 10 13
5 13 11 13
6 13 12 13
7 13 13 13
8 13 14 13
9 13 15 13
10 17 16 13
11 17 17 17
15 22 21 17
20 26 26 22
21 26 27 26
25 30 31 26
30 33 36 26
35 39 41 26
40 39 46 26


Ohne vertragliche Vereinbarung gilt:

Berner Skala BE, LU, ZG, FR, SO, SG, AG, VD, VS, GE, NE, JU, OW, NW, SZ, GL, UR, TI, GR
Zürcher Skala AI, AR, ZH, SH, TG
Basler Skala BL, BS


Bei einem Unfall eines Arbeitnehmers sind durch die obligatorische Unfallversicherung 80 % des versicherten Lohnes ab dem 3. Tag gedeckt.

Die folgenden Ausführungen beziehen sich auf die Arbeitsunfähigkeit bei Krankheit.

Folgen bei Krankheit

Die Krankentaggeldversicherung ist im Gegensatz zur Unfallversicherung nicht obligatorisch. Trotzdem besteht beim Ausfall eines Arbeitnehmers infolge Krankheit die Pflicht der Lohnfortzahlung (OR Art. 324a). Gesamtarbeitsverträge können den Abschluss von Taggeldversicherungen bei Krankheit vorschreiben. Zudem sind Vereinbarungen über Leistungen bei Krankheit im Einzelarbeitsvertrag möglich.

Arbeitgeber Arbeitnehmer
Ohne eine Versicherung trägt der Arbeitgeber das Risiko selbst. Das bedeutet die Bezahlung des vollen Lohnes, obwohl er keine Arbeitsleistung des Arbeitnehmers erhält. Ein allfälliger Ersatz für den ausfallenden Arbeitnehmer verursacht weitere Kosten. Ist die Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers erloschen, erhält er kein Ersatzeinkommen mehr. Der Arbeitnehmer sollte eine eigene Krankentaggeldversicherung abschliessen. Als Einzelversicherter bei einem privaten Versicherer oder einer Krankenkasse ist die Prämienbelastung in der Regel höher als mit einem Kollektivvertrag.


Lösung zur Deckung des fehlenden Einkommens


Damit drängt sich auf, dass Arbeitgeber und Arbeitnehmer gemeinsam eine Lösung suchen. Dazu bietet sich die kollektive Krankentaggeldversicherung (KTG) an.

Vorteile einer Krankentaggeld-Versicherung

Prämienhöhe
Die Finanzierung von Versicherungen ist abhängig von ihrer Art. Wir kennen die Einzel- sowie die Kollektivversicherung. Prämien der Einzelversicherungen sind im Gegensatz zu den Kollektivversicherungen höher, da das Risiko nicht auf mehrere Personen verteilt werden kann. Der Arbeitgeber kann (als Versicherungsnehmer) für das gesamte Personal eine kollektive Krankentaggeldversicherung vereinbaren und somit profitieren alle (Arbeitgeber und Arbeitnehmer) von tieferen Prämien.

Prämienzahlung
Da diese Versicherung nicht obligatorisch ist, kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmern die vollen Prämien vom Lohn abziehen. Trägt der Arbeitgeber die Hälfte der Prämien, hat er während der vereinbarten Wartezeit lediglich 80 % des Lohnes zu entrichten. Besteht ein Gesamtarbeitsvertrag, gehen diese Bestimmungen auf jeden Fall vor.

Arbeitgeber Arbeitnehmer
Mit einer kollektiven Krankentaggeldversicherung überträgt der Arbeitgeber das Risiko der Lohnfortzahlung der Versicherungsgesellschaft.Durch den Abschluss einer KTG-Versicherung zeigt der Arbeitgeber auch ein soziales Interesse am Arbeitsverhältnis. Für den Arbeitnehmer bedeutet eine kollektive Krankentaggeldversicherung, dass Versicherungsleistungen weit über die gesetzliche Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers hinaus erbracht werden. Also auch nach Beendigung der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht des Arbeitgebers ist ein Ersatzeinkommen gesichert.Der Arbeitnehmer ist nicht mehr gezwungen, eine eigene, private KTG-Versicherung abzuschliessen und dadurch höhere Prämien zu entrichten. Selbstverständlich hat er trotzdem die Möglichkeit, für noch ungedeckte Leistungen oder Risiken ergänzend eine persönliche Versicherung abzuschliessen.


Abschluss eines kollektiven Krankentaggeldversicherungs-Vertrages


Die Ausgestaltung eines kollektiven Krankenversicherungs-Vertrages hat viele Gesichter. Krankenkassen sowie private Versicherer bieten solche Verträge an. Der Abschluss eines Versicherungsvertrages ist stets genau zu überlegen. Diverse Abklärungen sind vorzunehmen, damit das richtige Produkt mit dem vorteilhaftesten Kosten-Leistungs-Verhältnis gewählt wird. Die nachfolgenden Informationen sollen auf einige wichtige Punkte aufmerksam machen, um den Entscheid zu erleichtern.

Versicherungsgrundlage Versicherer (Krankenkassen), welche dem Krankenversicherungsgesetz (KVG) unterstehen, haben auch die Möglichkeit, ihre KTG-Versicherungsverträge nach Versicherungsvertragsgesetz (VVG) abzuschliessen. KTG-Versicherungsverträge, welche sich auf das VVG stützen, können flexibler gestaltet werden. Die Krankenkassen halten sich neu vermehrt an die Richtlinien gemäss VVG, was strengere Bestimmungen bezüglich der Leistungen zur Folge hat. Zusätzlich befinden sich die Krankenkassen in einer Übergangsphase, in der sie den Wechsel bestehender KVG-konformer Verträge zu Verträgen nach VVG-Bestimmungen anstreben.
Vertragsbestimmung: 31tägige Wartefrist Die Kumulation von mehreren Krankheiten wird in einem Vertrag nach VVG meist ausgeschlossen. Konkret bedeutet dies, dass im Fall eines Arbeitnehmers, der im Februar für 15 Tage und später erneut (nicht die gleiche Krankheit) für 20 Tage krankgeschrieben wird, mit einem Vertrag nach VVG keine Taggeldleistungen erbracht werden. Bei einer Versicherung nach KVG werden 5 Taggelder ausgerichtet, da nicht jede Krankheit einzeln beurteilt wird.
Versicherte Personen Welche Personen in die KTG-Versicherung aufgenommen werden, ist vom Arbeitgeber abhängig. Zum Beispiel könnten Teilzeitangestellte nicht mitversichert werden.
Leistungen Wird eine KTG-Versicherung nach neuem Krankenversicherungsgesetz (KVG) errichtet, so müssen die im KVG enthaltenen Bestimmungen (Art. 67 - 77 KVG) erfüllt werden. Bei den Leistungen sind dies:Beginn des Taggeldanspruchs, wenn die versicherte Person mindestens zur Hälfte arbeitsunfähig istEntstehung des Taggeldanspruches am 3. Tag, sofern nichts anderes vereinbart wirdGegen Prämienreduktion kann der Leistungsbeginn aufgeschoben werdenTaggelder sind für eine oder mehrere Erkrankungen während mind. 720 Tagen innerhalb von 900 Tagen zu leistenEin Vorbehalt für bestimmte Krankheiten darf nur für maximal 5 Jahre angebracht werden.
Zusatzversicherung Üblicherweise werden 80 % des Lohnes mit einem Krankentaggeld abgedeckt. Mit höheren Prämien kann dieser zu 100 % versichert werden.
Höchst versicherbarer Verdienst Die Leistungen können auf einen höchst versicherbaren Jahresverdienst (z.B. CHF 200'000.-- pro Jahr) plafoniert werden. Eine Versicherung darüber ist möglich, hat aber eventuell Risikozuschläge oder zusätzliche Gesundheitskontrollen zur Folge.
Unfall-Zusatzversicherung Die Differenz von 80 % der UVG-Leistung zum 100%-igen Lohn kann als Unfall-Zusatzversicherung mit einer KTG-Versicherung kombiniert werden.
Einschluss des Unternehmers in die Versicherung In die kollektive KTG-Versicherung der Arbeitnehmer kann das Einkommen des Arbeitgebers (Selbständigerwerbender) integriert werden.
Leistung bei Mutterschaft Mit der Einführung der Mutterschaftsentschädigung per 01.07.05 entfallen die Leistungen aus der Krankentaggeldversicherung bei Mutterschaft.
Überversicherung Für den Versicherten darf aus einer Sozialversicherung kein Gewinn entstehen. Dieser Grundsatz gilt auch bei der KTG-Versicherung. Taggelder werden nur soweit vergütet, als keine Überversicherung entsteht. Um die Koordination mit anderen Sozialversicherungen zu gewährleisten, sichern sich die Versicherer in ihren Bestimmungen ab. Die Arbeitnehmer sollten beim Eintritt in eine KTG-Versicherung eine bereits bestehende Krankentaggeld-Versicherung bei ihrer Krankenkasse anpassen, um Doppelversicherungen auszuschliessen.
Weitere Kriterien Der nahtlose Übergang auf Pensionskassen-Rentenleistungen nach Erschöpfung der KTG-Leistung (üblich nach 720 Tagen) ist zu koordinieren. Dabei muss eine allfällig vereinbarte Wartefrist (Arbeitgeber trägt das Risiko) in der KTG-Versicherung berücksichtigt werden, da sich dadurch der Beginn der KTG-Leistungen aufschiebt und die Leistungsdauer verkürzt.Bei gutem Schadenverlauf sollte der Versicherer Prämienvergünstigungen gewähren oder zumindest den Prämiensatz beibehalten. Die Frage nach der Anpassung des Prämiensatzes bei einem positiven Schadenverlauf sollte bei den Vertragsverhandlungen angesprochen werden.Weicht eine Krankentaggeldversicherung von der gesetzlichen Lohnfortzahlungspflicht ab, muss sie so ausgestaltet sein, dass die Leistungen für den Arbeitnehmer gesamthaft mindestens gleichwertig sind.Beispiel:KTG-Vertrag mit Wartefrist von 30 Tagen, während 720 Tagen innerhalb von 900 Tagen. Während der Wartefrist werden anstelle des vollen Lohnes lediglich 80 % des versicherten Lohnes ausbezahlt. Hier ist die Gleichwertigkeit trotzdem erfüllt, da die Leistungen dafür länger als die gesetzliche Lohnfortzahlungsfrist erbracht werden.


Allgemeine Informationen

Die Arbeitnehmer sind über die Versicherungsbedingungen zu orientieren. Dies ist auch wichtig, damit eventuelle Versicherungslücken mit Rücksicht auf die eigenen Verhältnisse geschlossen oder Doppelversicherungen vermieden werden können.Beim Austritt ist dem Angestellten mitzuteilen, dass er in die Einzelversicherung wechseln kann. Auf Wunsch des Versicherten bleiben die Leistungen im bisherigen Umfang bestehen. Für die Prämien gilt der Tarif der Einzelversicherung.Besteht eine KTG-Versicherung, ist im Einzelarbeitsvertrag oder im Personalreglement zu vermerken, dass nur die entsprechenden Leistungen der Versicherung erbracht werden.

Auszahlung von KTG-Leistungen

Lohnzahlung Besteht eine KTG-Versicherung für 80 % des versicherten Lohnes ab dem 30. Tag während 720 Tagen innerhalb von 900 Tagen, so hat der Arbeitgeber während dieser Wartezeit nur 80 % des Lohnes zu entrichten (wie bei der Unfallversicherung). Voraussetzung ist jedoch, dass der Arbeitgeber die Hälfte der Prämien übernimmt
Sozialversicherungsrechtliche Beitragspflicht Ausbezahlte Kranken- sowie Unfalltaggelder sind nicht AHV-pflichtig. Für entrichtete KTG-Taggelder sind also keine AHV-, Unfall- und KTG-Beiträge abzurechnen. Die Pensionskassen-Abzüge sollten erst nach Erhalt der Bestätigung über eine Prämienbefreiung (rückwirkend) sistiert werden. Bei der Quellensteuer sind die Taggelder jedoch Bestandteil der Steuerberechnung.
Kürzung von Ferientagen bei Krankheit Die Kürzung von Ferientagen während Krankheit ist möglich. Voraussetzung ist, dass der Arbeitnehmer länger als zwei Monate voll arbeitsunfähig war. Der erste Monat gilt dann als Schonfrist und darf in der Kürzungsberechnung nicht berücksichtigt werden. Die Kürzung für jeden vollen Monat entspricht 1/12 des gesamten Ferienanspruches eines Anstellungs- bzw. Dienstjahres.
Ende der Lohnzahlungspflicht des Arbeitgebers Die Leistungen der KTG-Versicherung werden in der Regel an den Arbeitgeber ausbezahlt. Ist seine Lohnzahlungspflicht beendet, hat er die Krankentaggelder an den Arbeitnehmer weiterzuleiten. Tut er dies nicht, kann der Arbeitnehmer die Krankentaggelder bei der Versicherung einfordern.


Schlussbemerkung

Der Abschluss einer kollektiven Krankentaggeld-Versicherung durch den Arbeitgeber ist zu empfehlen. Einerseits entsteht eine Solidarität (Versicherte untereinander, Arbeitgeber zu seinen Arbeitnehmern). Andererseits können verschiedene Interessen mit einer einzigen Lösung berücksichtigt werden.